Bereits 100 Jahre vor Eröffnung der Landesgartenschau verfolgte Neuss ein ehrgeiziges Ziel: Mit seinen Parks und Grünanlagen wolle es sich „einen Platz unter den Gartenstädten schaffen,“ formulierte es 1926 der damalige Stadtbaurat Carl Sittel. Rudolf Stoschek, als Architekt unter anderem für die Planung des 1924 eröffneten Jahnstadions verantwortlich, stellte bereits ein Jahr zuvor in einem Beitrag für die „Neußer Zeitung“ fest: „Unsere Grünanlagen erfreuen sich außerordentlicher Beliebtheit. Von allen rheinischen Städten in der Größe der Stadt Neuss dürfte wohl diese die einzige sein, welche ca. 250 Morgen wohl gepflegte Anlagen besitzt.“ Und die NGZ notierte 1928, dass die von Franz Kellermann geschaffenen Grünanlagen „viele Auswärtige auf ihren Spaziergängen nach Neuss locken.“

Anlass für so viel Lob war das 25-jährige Dienstjubiläum von Franz Alois Johannes Kellermann (1875 – 1958). Der war 1903 vom damaligen Bürgermeister und späteren Oberbürgermeister Franz Gielen (1867 – 1947) mit dem Auftrag nach Neuss geholt worden, die damals 30.000 Einwohner zählende Stadt zu „begrünen“. Kellermann begann mit dem Marienkirchplatz, dem Drususplatz, der Kaiser-Friedrich-Straße und dem Grünbereich rund um die Christuskirche. 1906 machte er erstmals nachhaltig auf sich aufmerksam, als er den von seinem Vorgänger Ernst Schneider (1874 – 1968), dem späteren Gartenbaudirektor von Königsberg, erschaffenen Stadtgarten zwischen Kaiser-Friedrich- und Schorlemerstraße in südlicher Richtung erweiterte. Kellermanns erstes „Meisterstück“ war der daran anschließende Rosengarten, der auf einer Fläche von 3.000 Quadratmetern 6.000 Rosensträucher beherbergte, die nach Art des Jugendstils gepflanzt wurden. Daraufhin wurde er am 1. Juli 1907 zum „Stadtgarteninspektor“ ernannt, am 1. Januar 1924 wurde er zum „städtischen Gartenbaudirektor“ befördert, ein Amt, das er bis 1945 innehatte, ehe er als Siebzigjähriger in den Ruhestand ging.

In dieser Zeit schuf er den noch heute bestehenden „Grüngürtel“ der Stadt: Nach Stadt- und Rosengarten folgte die Errichtung eines „Botanischen Schul- und Lehrgartens“ an der Bergheimer Straße und der Aufschluss des Stadtwaldes. Nach dem Ersten Weltkrieg, dessen ersten beiden Jahre Franz Kellermann im Schützengraben verbrachte, ehe er auf Drängen der Stadt freigestellt wurde, um sich fortan um die „Kartoffel- und Gemüseversorgung“ seiner Mitbürger zu kümmern, nahm er seine Arbeit in großem Stil wieder auf. Trotz wirtschaftlicher Not und belgischer Besatzung kam es zum Bau des Jahnstadions, der Umwandlung der verwilderten Waldstreifen in Reuschenberg und Selikum zu einem insgesamt zehn Hektar großen Park und in den 1930er-Jahren der Erschaffung von Jröne Meerke und Nordpark aus aufgelassenen Kiesgruben – alle Planungen gingen aus der Feder von Franz Kellermann hervor, der in seinem Ressort zeitweise mehr als 80 „Stadtgartenarbeiter“ sowie 19 Beamte und Angestellte unter sich hatte.

Die Vereinigung der Heimatfreunde möchte den Spuren, die der „Vater der Neusser Grünanlagen“ hinterlassen hat, auf einem geführten Spaziergang folgen. Der startet am Montag, 22. September, um 17 Uhr am „Eierdieb“ auf dem Franz-Kellermann-Weg im Alten Stadtgarten. Von dort geht es über den Neuen Stadtgarten in den Rosengarten und den Botanischen Garten. Der Spaziergang soll rund 90 Minuten dauern, festes Schuhwerk und entsprechende Kleidung werden empfohlen. Die Teilnahme ist kostenlos, die Heimatfreunde bitten allerdings um Voranmeldung in ihrer Geschäftsstelle (Michaelstraße 67) oder in der Einhorn-Apotheke (Büchel 21).